Wie schnell so ein Jahr vergeht! Schon ist wieder die Zeit des Blogwichtelns gekommen, in der sich Bloggerinnen aus meinem Netzwerk, dem Texttreff, gegenseitig bewichteln: Jede schenkt einen Text und erhält dafür einen. Mein Blogwichtel in diesem Jahr ist Daniela Pucher aus Wien, sie bietet Autorenberatung, Ghostwriting und Storytelling an. Liebe Daniela, vielen Dank!
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Daniela Pucher: Von schreibenden Geistern und schenkenden Hexen
In Italien bringt weder der Weihnachtsmann noch das Christkind die Geschenke, sondern die Hexe Befana. In der Nacht vom 5. auf den 6. Jänner fliegt sie mit ihrem Besen von Haus zu Haus auf der Suche nach dem Christuskind. Nun kann man sich wundern, schließlich ist der Heiland zu diesem Zeitpunkt ja schon zwei Wochen alt! Tja, wie es halt so passiert, hörte sie zwar rechtzeitig von der Frohbotschaft, doch sie brach zu spät auf und verpasste somit den Stern, der ihr – wie den Hirten – den Weg gewiesen hätte.
Warum ich Ihnen von Befana erzähle? Nun, sie ist mit mir artverwandt: Wir sind beide Geschöpfe der Nacht. Manche glauben an uns, manche nicht. Wir arbeiten im Verborgenen. Und leider geht uns beiden ein zweifelhafter Ruf voraus – völlig unverdient übrigens, denn Befana ist lieb und bringt Geschenke, ich bin freundlich und helfe. Ich bin übrigens ein schreibender Geist: ein Ghostwriter. Ich bin einer jener, ohne die so manches Sachbuch nie auf dem Ladentisch landen würde. Einer, ohne den Sie, liebe Leserin und lieber Leser, das eine oder andere Wissen gar nie erlesen hätten können, weil es nie auf Papier gebracht worden wäre.
Ich verleihe mein Schreib-Knowhow, nicht mein Fachwissen
Dass wir so einen zweifelhaften Ruf haben, macht mich ein bisschen traurig. Ich denke, das liegt wohl daran, dass wir schwarze Schafe in unseren Reihen haben. Unter den Hexen gibt es auch böse. Und unter meinesgleichen gibt es leider auch solche, die allerlei Gruseliges im Sinn haben – wie zum Beispiel wissenschaftliche Arbeiten verfassen, mit denen sich Studenten ihren akademischen Titel erschleichen. So etwas gehört sich nicht.
Ich habe daher einen Grundsatz, an den ich mich strikt halte: Ich schreibe nur Sachbücher, und ich schreibe nur das auf, was mir meine Auftraggeber an Wissen weitergeben. Nie käme ich auf die Idee, mein eigenes Wissen oder das Wissen von Dritten ins Manuskript zu packen. Das fände ich außerdem langweilig. Denn das eigentlich Interessante ist doch, herauszufinden, was dieser Mensch, für den ich schreibe, so alles weiß. Und erst recht spannend ist, wie er das Thema betrachtet und welchen Stil er hat.
Jedem Autor das Buch, das zu ihm passt
So entstehen selbst zu ein und demselben Thema ganz unterschiedliche Bücher: Die einen sind sehr nüchtern und sachlich gehalten, manche sind humorvoll oder frech oder gar provokant und wollen ihre Leser aufrütteln. Ab und zu wird ein Sachthema sogar in Romanform dargestellt. Es kommt ganz darauf an, was am besten zur Autorin oder zum Autor passt. Und in der Buchhandlung haben die Leser dann die Qual der Wahl und dürfen sich aussuchen, welche Art von Buch sie zum gesuchten Thema kaufen wollen.
Befana und ich arbeiten übrigens zusammen. Nachdem ich für die Käufer oft ganz unsichtbar bleibe und mit ihnen nicht reden kann, bleibt mir nur eins: der Hexe Befana ein paar Buchempfehlungen zu flüstern, damit sie sie den Menschen in den Strumpf stopft. Hoffentlich auch Ihnen! Einen Beziehungsratgeber vielleicht? Oder ein Buch, mit dem Sie lernen, schneller und besser zu lesen?
Ich wünsche Ihnen ein schönes Weihnachtsfest und geruhsame und besinnliche Raunächte zwischen den Jahren!
Mensch, liebe Befana, äh, Daniela, da hast du uns aber eine feine Geschichte erzählt. Gefällt mir außerordentlich gut. :)
Sonnige Grüße,
Manon
Ach. Über die strikte Trennung von eigenem und Auftraggeberwissen beim Ghostwriting hatte ich mir tatsächlich noch nie Gedanken gemacht. Klingt total sinnvoll – aber kann man wirklich den eigenen Know-how-Hintergrund so völlig draußen lassen aus einem Text, den man schreibt? Danke jedenfalls für den Augenöffner!
Das ist eine gute Frage. Ich handhabe es so: Ich nehme mal nur das Material, das ich von meinen Kunden bekomme. Wenn mir ein eigener Gedanke dazu einfällt, dann gibt es zwei Möglichkeiten:
1. Ich finde, dass es eine Ergänzung ist – in dem Fall wäge ich ab, ob ich das mit dem Kunden bespreche und versuche herauszufinden, ob er das nur „vergessen“ hat oder ob es tatsächlich nicht zu seinem Repertoire gehört.
2. Ich finde aufgrund meines eigenen Wissens einen inhaltlichen Fehler – dann weise ich den Kunden darauf hin und bitte ihn, der Sache nachzugehen, hier weiter zu recherchieren etc. Diesen letzteren Fall empfinde ich übrigens als Teil meiner Aufgaben: Meine Kunde auf Fehler aufmerksam zu machen. Deshalb ist es ja gut, dass ich mich in den Themen ein wenig auskenne.
Alles in allem kommt das aber äußerst selten vor. Meine Autorinnen und Autoren sind ja Spezialisten auf ihrem Gebiet, das heißt, dass sie viel mehr wissen als ich! :-)