Die „Fünf Fragen an einen Wikinger von heute“ habe ich Maic Gronych gestellt. Vielen Dank für die ausführlichen Antworten!
1. Welches Bild haben Sie von den Wikingern damals – was waren das für Menschen, wie lebten sie?
Einerseits waren sie Bauern und Handwerker, die, durch ihre Kultur und die klimatischen Einflüsse, ihre Heimat zum Teil verlassen mussten. Andererseits waren sie Künstler und Entdecker, die zu ihrer Zeit beeindruckende Gewerke geschaffen haben. Die Wikinger lebten in einer sehr stark an der Natur orientierten Gemeinschaft. Das Klima war hart und die urbar gemachten Ländereien waren nicht gerade groß. Dadurch bekam meist der älteste Sohn den Hof des Vaters, sodass die jüngeren Söhne sich etwas anderes suchen mussten, wenn sie sich etwas aufbauen wollten. Das Leben war schwer zu bestreiten: Alles musste selbst erarbeitet werden, manchmal waren die Ernten schlecht und so manche Fehde sorgte dafür, dass die ein oder andere Familie verschwand. Doch sie hatten auch eine der ersten Demokratien auf Island eingerichtet und Frauen hatten einen sehr hohen Stellenwert. Sie waren Künstler in so manchem Handwerk. Entdecker, Eroberer, aber auch als Händler waren sie sehr weit in Europa unterwegs.
2. Welchen Stellenwert hatten die Raubzüge, die Seefahrten, das Kämpfen?
Hm! Ich denke mal, dass man erwartet, dass die Wikinger glorreiche Helden waren. Doch auch hier kann man sagen, dass sie nicht schlimmer als andere Völker waren, es kommt immer auf den Standpunkt an. Die Wikinger hatten durch ihre Schiffe einen technischen und taktischen Vorteil. Sie konnten damit schneller anlanden und Flüsse vor- und rückwärts befahren. Die Schiffe waren sehr stabil, und ihre Kenntnisse in der Seefahrt ermöglichten ihnen auch die Entdeckung Amerikas – und das 500 Jahre vor Kolumbus! Die Wikinger waren durch ihre Kultur, die Natureinflüsse und sehr stark durch ihre Mythologie geprägt.
Ähnlich wie die Römer und Griechen hatten sie mehrere Götter. Die Wikinger wurden immer wieder als unerschrockene Kämpfer beschrieben. Sie wurden sogar als Leibgarde am byzantinischen Hof herangezogen. Es gibt nicht sehr viele
Überlieferungen über die Schlachten der Wikinger. Die bekannteste ist die Schlacht von Hastings (1066 n.u.Z.). Sie waren nicht wie die Römer organisiert, doch ihr Mut und ihre ehrenvolle Art zu kämpfen, ist oft in den Chroniken der Zeit vermerkt. Auch hier ist es immer der Blickwinkel der Geschichte, ob es als ehrenwert galt oder als Fluch der Götter anzusehen war.
3. Wie leben Sie heute als Wikinger?
Nun, ich selber gehe einem geregelten Beruf nach. Wohne in einer ganz normalen Wohnung. Und liebe es auch, einmal den Fernseher anzuschalten. Ich werde nur in meiner Freizeit zu einem Wikinger. Seit mehr als 20 Jahren beschäftige ich mich mit den Wikingern, indem ich Bücher über das Thema gelesen und die Ausstellungen in Museen betrachtet und studiert habe.
Damals habe ich angefangen, mir meine Ausrüstung nach den Vorbildern aus den Museen nachzubauen, um diese dann an Wochenenden in Freilichtmuseen und Zeltlagern zu präsentieren. An diesen Wochenenden versuche ich, das Leben der Wikinger nachzuempfinden. Das fängt mit dem Essenkochen an und geht bis zum Herstellen von handwerklichen Gegenständen. Meine Familie findet das auch sehr spannend und sie unterstützen mich, so viel sie können.
4. Sicher gibt es Wikingergruppen und Gleichgesinnte nicht nur in Deutschland – welche Kontakte haben Sie, wie tauschen Sie sich aus?
Ich habe Bekannte in Dänemark, Schweden, Holland, in der Schweiz und in Österreich. Wir bleiben meist mit Hilfe des Internet und durch Besuche von Märkten bzw. Lagern in Kontakt. Doch sollte jemand zu einem bestimmten Bereich mal Fragen haben, wird eine Mail geschickt oder das Telefon genutzt, um Informationen auszutauschen.
5. Zuletzt noch eine Frage zum wahrscheinlich bekanntesten aller Wikinger, zu Wickie: Hatten die Wikingerhelme tatsächlich Hörner?
Haha, nein, Hörnerhelme gab es nicht! Diese Frage wird immer wieder gestellt. Ich erkläre es meistens mit einem simplen Beispiel: „Versucht doch mal, mit zwei Gabeln, die ihr euch an den eigenen Kopf haltet, durch ein Gebüsch zu laufen. Was wird passieren? Ihr würdet überall festhaken und euch damit im Nacken sehr weh tun.“ Es sind nur Zeremonie-Helme gefunden worden, aber diese waren nicht für den Kampf gedacht. Es macht einfach keinen Sinn, Helme zu tragen, an denen Hörner befestigt sind. Die Begründung für diesen Mythos über Hörnerhelme entstand wahrscheinlich durch die Fantasie einiger Künstler des 18. Jahrhunderts und durch Bilder, die diese Künstler gemalt haben. Denn in der Kunst stehen sehr oft Hörner für Stärke und Mut, doch auch für Aggression und Raserei. Bei manchen Wikingern (Berserkern) traf das zu, doch auch sie hatten keine Hörnerhelme!