„Der Kummer über den Verlust eines Menschen gründet in der Liebe. Er ist die andere Seite der Liebe.“ So ist das. Wo Liebe ist, ist Trauer, wenn der geliebte Mensch stirbt. Wie könnte es anders sein? Aber wie diese Trauer aussieht, ist unterschiedlich, bei jedem Mensch anders. Auch darum geht es in Manu Keirses Buch „Die andere Seite der Liebe. Was in der Trauer guttut“. Das Buch ist für Menschen, die trauern. Auch für Menschen, die jemanden unterstützen wollen, der trauert. Es ist ein schönes Buch. Schon der Umschlag. Ein fester Einband in einem Rotton, ein Vogel in der Mitte, schemenhaft, eine Taube vielleicht. Die ja auch ein Symbol für die Liebe ist.
Neunzig Seiten hat das Buch, einige mit Illustrationen von Nele Reyniers, die auch den Umschlag gestaltet hat. Ruhige, reduzierte Bilder, wenige, aber kräftige Farben, sie passen gut. Am Anfang jedes Kapitels steht ein Gedicht, verfasst von Menschen, die jemanden betrauern. Und der Text selbst, er ist wie ein ruhiger Fluss, manches kehrt wieder, unterschiedliche Themen werden angesprochen. Der Autor, Manu Keirse, ist Niederländer, er ist klinischer Psychologe und hat schon andere Bücher über Trauer und Verlust geschrieben. Er wählt einfache Worte, bleibt allgemein, er spricht dem Leser, der Leserin zu. Was sagt er ihnen?
Dass jeder anders trauert. Dass aber Trauer in jedem Fall Zeit braucht. Nicht nur Tage oder Wochen, sondern Monate, sogar Jahre. Dass Trauer verschiedene Phasen durchläuft (auf die der Autor jedoch nicht genauer eingeht), dass der Schmerz wie Wellen kommt und geht, dass er einen überrumpeln, auch umwerfen kann. Dass ganz verschiedene Gefühle und Reaktionen in der Trauer „normal“ sind, auch Aggressionen zum Beispiel, die sich gegen den Toten, gegen sich selbst, gegen andere, die man liebt, richten können. Dass man Gefühle zulassen soll, dass reden gut ist, immer wieder. Dass Aggressionen und andere Verhaltensweisen in der Trauer aber auch zu weit gehen können, sodass Hilfe von außen vonnöten ist, von Fachleuten.
Dass Trauer eine Belastung für den Trauernden ist, nicht nur psychisch, auch körperlich. Dass es umso wichtiger ist, sich selbst Gutes zu tun, auf sich aufzupassen. Und vieles mehr. Kein pathetisches Buch, sondern ein emphatisches. Eins, das die Trauer nicht wegschreiben will (denn das geht nicht), sondern ihr Raum gibt – aber deutlich macht, dass es weitergeht. Keine „Anleitung zum richtigen Trauern“ und kein Sachbuch, der Autor erwähnt einige Trauernde und ihren Umgang mit dem Verlust, geht aber nicht weiter ins Detail. Wenn man selbst schon getrauert oder andere Trauernde erlebt, begleitet hat, ist das alles nichts Neues. Aber es kann guttun, darüber zu lesen.
Manu Keirse
Die andere Seite der Liebe. Was in der Trauer guttut
Aus dem Niederländischen von Bärbel Jänicke
Illustrationen von Nele Reyniers
Patmos Verlag
2013
96 Seiten
ISBN: 978–3‑8436–0434‑5
14,99 Euro