Fünf Jugendliche – Emmy, Rod, Ann, Flo und Jens – reisen nach dem Abi für zwei Wochen in die Schweiz, in einer Hütte in den Bergen wollen sie eine gute Zeit haben und abschalten, die Handys sollen offline bleiben. Die Hütte hat ein Mitschüler für sie organisiert, Jan, allerdings nicht aus Freundschaft, sondern da er spezielle Pläne hat. Die Clique hatte ihn in der Schule gemobbt, nun will er sich rächen, dazu installiert er diverse Kameras in der Hütte. In einem extra angelegten YouTube-Kanal will er Videos aus der Hütte einstellen und die fünf bloßstellen. Denn Rache ist süß?
Bei sechs Personen und rund 280 Buchseiten hat die Autorin sich dafür entschieden, auf zwei Jugendliche näher einzugehen, mehr über ihren Hintergrund preiszugeben: Die Kapitel sind abwechselnd aus Jans Perspektive und aus der von Emmy erzählt. Der Blick des Außenseiters also im Wechsel mit dem Emmys, die in der coolen Clique und in der Hütte ist und sowohl in ihrem Blog „back to nature“ als auch auf Instagram möglichst makellose Fotos und Posts einstellt.
Es ist nun keine Überraschung, dass die fünf in der Hütte keineswegs perfekt sind, sie alle haben ihre Probleme und ihre Art, damit umzugehen, von Drogen und Alkohohl über Essstörung bis Selbstverletzung. Jan, der Cello spielt, als Haustier eine Maus hat und Bach mag, wohnt währenddessen in einer nahe gelegenen Pension. Mit der Tochter der Besitzer scheint ihn etwas zu verbinden, schnell fühlt er sich ihr näher als Emmy, die trotz des Mobbens bisher sein Schwarm war.
Die Mischung aus „Urlaub genießen auf Teufel komm raus“ und Rachefeldzug ist, man kann es sich denken, ziemlich explosiv, zumal es zwischen den fünf in der Hütte ebenfalls diverse Spannungen und Unausgesprochenes gibt. Die Ballung von Problemen bei den Jugendlichen ist etwas heftig und das Setting mutet eher experimentell als „realistisch“ an. Wem gibt die Leserin, der Leser zudem ihre bzw. seine Sympathie, wenn das einstige Opfer zum Täter und die Täterinnen und Täter nun zu Opfern werden?
In einer „Nachbemerkung“ schreibt die Autorin – die Medizin studiert und als Ärztin in Psychiatrien gearbeitet hat –, dass „wir alle in Schwierigkeiten kommen können“ und man sich dann Hilfe suchen, aber zugleich für andre da sein solle. In der Geschichte jedenfalls wird das Mit-sich-selbst-Ausmachen auf die Spitze getrieben – als abschreckendes Beispiel? Das Buch hat eine Triggerwarnung, die jedoch am Schluss steht, der Hinweis darauf findet sich in kleiner Schrift vorn über dem Impressum. Ob das auffällt und reicht?
Silke Heimes: The truth behind your lies
288 Seiten
ab 14 Jahren
2023 Ueberreuter
ISBN 978–3‑7641–7134‑6
18 Euro