Dass Schriftsteller nicht nur oder gar nicht unter ihrem eigenen Namen schreiben, ist nicht ungewöhnlich. Stephen King zum Beispiel hat unter anderem auch als Richard Bachmann Bücher veröffentlicht, und Michel Houellebecq heißt eigentlich nicht so, sondern Michel Thomas. Wie er auf Houellebecq gekommen ist und warum es ein so sperriger Name sein musste, den niemand auf Anhieb richtig schreibt – keine Ahnung.
Warum legt sich ein Autor ein oder mehrere Pseudonyme zu? Da gibt es viele Gründe, ein paar aktuelle habe ich gesammelt:
- der wirkliche Name ist so altbacken und langweilig, dass sich die Bücher nie verkaufen würden
- der Name ist nicht unbedingt altbacken, passt aber nicht zum Buch, speziell zum Land, in dem sich die Geschichte abspielt (Sarah Lark, Josh Ericson)
- hinter dem Pseudonym stecken zwei Autoren (Iny Lorentz, Anne Hertz)
- ein Autor legt sich ein oder mehrere Pseudonyme zu, um das Genre zu wechseln (Agatha Christie – Krimis/romantische Erzählungen )
- Vielschreiber (mehr als ein Buch pro Jahr) fallen nicht so sehr auf, wenn sie unter verschiedenen Namen publizieren, jedes Buch kann ordentlich beworben werden
Manche Autoren nennen ihre Pseudonyme ganz offen auf ihrer Website, bei anderen verrät zum Beispiel die Wikipedia, dass der vermeintliche richtige Name ein Pseudonym ist.
Letzte Woche habe ich in der Bibliothek ein Buch in die Hände bekommen, dessen Cover mir seltsam bekannt vorkam. Das ist nicht ungewöhnlich, schließlich kochen alle nur mit Brei und jede Zeit hat ihre Stil- und Geschmacksströmungen. Ich lieh mir das Buch aus, das ist es:
„Ruf der Dämmerung“ von Riana O’Donnell, erschienen 2009 im Boje Verlag. Das Buch spielt in Irland, der Name der Autorin passt also. Allerdings, das ist jetzt keine Überraschung, handelt es sich um ein Pseudonym. Einen ersten Hinweis darauf kann der aufmerksame Leser schon finden, wenn er nach dem Übersetzer schaut. Der wird ja netterweise in jedem Buch explizit genannt, in „Ruf der Dämmerung“ gibt es keinen. Natürlich könnte Riana O’Donnell auch eine Deutsche sein, die eben einen irischen Namen hat. Aber die Autorin ist tatsächlich eine Deutsche und heißt Christiane Gohl.
Das Buch ist dieser Tage als Taschenbuch herausgekommen, doch als Autorin taucht weder Riana O’Donnell noch Christiane Gohl auf – sondern Sarah Lark, ein weiteres Pseudonym.
Sarah Lark alias Christiane Gohl ist zurzeit ziemlich erfolgreich mit Büchern wie „Die Tränen der Maori-Göttin“, „Der Ruf des Kiwis“, „Die Insel der tausend Quellen“ – historische Romane, die in Neuseeland bzw. der Karibik spielen. Verständlich, dass der Verlag sich bei der Taschenbuchausgabe von „Ruf der Dämmerung“ für den bekannten Namen entschied, der aktuell gute Verkäufe verspricht. Und fair, dass weder der Titel noch das Cover, sondern nur der Autorinnenname geändert wurde. Aber ein wenig kurios ist es schon, oder?
Und weil es mich gepackt hat, habe ich noch ein paar Autorinnen und Autoren gesammelt, die ebenfalls mit Pseudonymen arbeiteten oder arbeiten. Einige kannte ich schon, ein paar habe ich in der Wikipedia-Liste der Pseudonyme gefunden. Erst kommt immer der – wie es so schön heißt – bürgerliche Name, in Klammern steht das bzw. die Pseudonyme:
Kerstin Gier (Jule Brand, Sophie Bérard), Gabriella Engelmann (Rebecca Fischer), Thomas Jeier (Josh Ericson, Christopher Ross), Matthias Altenburg (Jan Seghers), Sylvia Ungeheuer (Lea Korte), Iny Klocke und Elmar Wohlrath (Iny Lorentz, Eric Maron, Nicola Marni, Mara Volkers, Sandra Melli, Diana Wohlrath, Anni Lechner), Frauke Scheunemann und Wiebke Lorenz (Anne Hertz), Sylvia Englert (Katja Brandis, Siri Lindberg), David John Moore Cornwall (John le Carré), Cora Stephan (Anne Chaplet, Sophie Winter), Jan Lennart Arnald (Arne Dahl), Rudolf Leder (Stephan Hermlin), Helmut Flieg (Stefan Heym), Mary Patricia Plangman (Patricia Highsmith, Claire Morgan), Horst Eckert (Janosch), Herlind Wartenberg (Hera Lind), Eric Arthur Blair (George Orwell, H. Lewis Always), Amos Klausner (Amos Oz), Erich Paul Remark (Erich Maria Remarque), Howard Allen O’Brian (Anne Rice, Anne Rampling, A. N. Roquelaure), Eleanor Marie Robertson (Nora Roberts, J. D. Robb, Jill March, Sarah Hardesty), Frédérique Audoin-Rouzeau (Fred Vargas), Agatha Christie (Mary Westmacott).
Eigentlich eine nette Sache: Wenn man einen Autor sehr gern liest und man entdeckt, dass er unter einem Pseudonym noch andere Bücher veröffentlicht hat, muss man nicht ungeduldig auf die nächste Neuerscheinung warten, sondern kann sich die Neuentdeckungen holen! In diesem Sinne: Viel Spaß beim Lesen. :)