Einem Mädchen fällt auf dem Weg zum Kindergarten eine Wolke auf den Kopf. Nun, eher ein Wölkchen, denn es passt problemlos in die kleine Kindergartentasche. Das Mädchen nimmt die Wolke mit nach Hause und will sie dort aufpäppeln. Nachdem es einiges ohne Erfolg probiert hat, fragt es seine Mutter, was Wolken essen, und erfährt: Wasserdampf. Das ist mit wenigen Worten (und einer kleinen Skizze) schön anschaulich erklärt, und so bastelt das Mädchen mit Spielsachen eine Vorrichtung, damit die Wolke Wasserdampf futtern kann.
Es funktioniert, und die Wolke wächst. Auf den Illustrationen ist sie eine ganz normale Wolke, ein Gesicht hat sie nicht, sie redet auch nicht. Dennoch ist sie dem Mädchen ein Freund, mit dem es spielen kann. Eines Tages entdecken Eltern und Bruder die Wolke, reagieren aber gelassen und nehmen die Wolke quasi als neues Familienmitglied auf. Die Wolke wächst allerdings rasant und hinterlässt ständig Pfützen in der Wohnung … bis der Familienrat beschließt, dass es so nicht weitergehen kann. Es heißt Abschied nehmen. Oder doch nicht?
Das Mädchen selbst erzählt die Wolkengeschichte, Wörter und Bilder harmonieren wunderbar. Mal füllt ein Bild eine Doppelseite aus, mal finden darauf mehrere Platz, das ist abwechslungsreich, ebenso wie die Bildmotive, die Einblicke in die Lebenswelt des Mädchens und seiner Familie geben. Von Kinderzimmer über Küche bis Wohnzimmer, von Kindergarten bis Urlaubsstrand – Kinder, die sich die Bilder anschauen, dürften vieles wiedererkennen.
Die Illustrationen sind detailliert, wirken aber weder überladen noch unruhig, es gibt einfach viel zu sehen. Wenn das Mädchen zu Hause ist, ist immer sein Haustier mit im Bild, ein kleines braunes Kaninchen. Mal mehr, mal weniger versteckt, das kann man also suchen (lassen). Susanne Straßer, die Illustratorin, scheint auch ein Faible für Punkte zu haben, nicht nur das Mädchen trägt fast immer ein Kleidungsstück mit Punkten. Der Opa des Mädchens sieht aus wie Fritz J. Raddatz, auf einem Bild sind Plattenbauten zu sehen, die einfach Wohnhäuser und nicht deprimierend sind, und auch sonst ist einiges zu entdecken.
Nicht zu vergessen: Es ist eine schöne Geschichte von einer Freundschaft, auch wenn die Wolke ein nicht gerade alltäglicher Freund ist. Aber warum nicht? Freundschaft hat eben viele Gesichter …
Als die Wolke bei uns wohnte
Text: Sabine Bohlmann, Illustrationen: Susanne Straßer
Lektorat: Christiane Lawall
32 Seiten
ab 4 Jahren
annette betz, 2017
ISBN: 978–3‑219–11729‑5
14,95 Euro