Zähneknirschen klingt nicht so dramatisch, kann aber unschöne Folgen haben, vom regelrechten Abschleifen der Backenzähne bis hin zu Kopf‑, Nacken- und Rückenschmerzen. Auf etwa 180 Seiten beschäftigt sich Diplomtheologe, Berater und Coach Christian Koch mit dem Thema, nicht als Experte, sondern als Betroffener, der nach etlichen Arztbesuchen immer noch nicht wusste, woher Kopf- und Nackenschmerzen sowie eine Blendeempfindlichkeit kamen, und die Ursache – Zähneknirschen bzw. Bruxismus – zufällig selbst entdeckte. Danach probierte er über Jahre hinweg diverse Methoden und Hilfsmittel aus.
Sein Vorwort ist überschrieben mit „Willkommen im Club“, denn logischerweise geht er davon aus, dass Menschen, die sich dieses Buch anschaffen, selbst mit den Zähnen knirschen. Als „Clubmitglied“ duzt er die Leserin, den Leser, was ich in dem Fall okay fand. Damit der Ratgeber „angenehm zu lesen ist“, schreibt er lediglich von Ärzten, Experten, Patienten usw., was nicht alle als angenehm empfinden dürften. Er sagt deutlich, dass er kein Patentrezept liefern kann, sondern Leute adressiert, die bereit sind, Eigenverantwortung zu übernehmen und aktiv zu werden.
Zwei Teile hat das Buch: „Was ist da los? Symptome und Ursachen“ und „Wie geht das weg? Wege, um weniger zu knirschen“. Im ersten Teil bespricht der Autor die ärztliche Leitlinie zur Behandlung von Bruxismus, verschiedene Arten des Knirschens und einige mögliche Ursachen. Interessant ist die Information, dass Zahnärztinnen und ‑ärzte bei Zähneknirschen beraten bzw. aufklären können bzw. sollten zu Befund, Risikofaktoren, Therapiemöglichkeiten usw. Einfach nur eine Knirscheschiene zu verschreiben, stellt schnelle Hilfe in Aussicht, reicht aber nicht unbedingt. Das kann man, falls man knirscht, beim nächsten Zahnarztbesuch ja mal ansprechen. Was könnte das Knirschen verursachen? Zum Beispiel Stress, unebener Aufbiss und eine ungesunde Körperhaltung, Stichwort zu viel und falsch sitzen. Der Autor betont, dass es wichtig ist, auf Ursachensuche zu gehen, um eine nachhaltige Behandlung anzuschieben.
Teil 2 hat doppelt so viele Seiten wie Teil 1 und dreht sich darum, wie eine Behandlung aussehen kann. Der Autor hat etliches ausprobiert, erwähnt aber auch Methoden, die er (noch) nicht selbst getestet hat, unter anderem: Schiene, Physiotherapie, Logopädie, Biofeedback. Wer auf der Suche nach Behandlungsmöglichkeiten ist, bekommt einen bunten Strauß präsentiert und kann auswählen, was passt oder direkt anspricht – der Autor bietet einen ersten Überblick und gegebenenfalls eigene Erfahrungen. Neben „handfesten“ Methoden und Hilfsmitteln spielt der Kopf bzw. die Psyche eine essenzielle Rolle: Wann und warum beißt man die Zähne zusammen und knirscht, in der Nacht oder am Tag? Zum Schluss fasst der Autor die Behandlungsansätze, die er getestet oder recherchiert hat, in einem „Ampelsystem“ zusammen: grün für „günstig, schnell umsetzbar, kaum oder keine Nebenwirkungen“, gelb für „bewusste Entscheidung erfordert“ und rot für „besser dreimal drüber nachdenken“. Durchaus hilfreich, wenn beispielsweise von Behandlerinnen und Behandlern eine stark in den Körper eingreifende Methode als Nonplusultra und einzige Möglichkeit präsentiert wird, sie es aber vielleicht nicht ist.
Mein Fazit: Das Buch ist unterhaltsam geschrieben (ja, trotz des Themas), es ist informativ und regt an, selbst aktiv zu werden sowie Dinge rund ums Zähneknirschen – von Ursachen bis Behandlung – zu hinterfragen.
Christian Koch: Schluss mit Zähneknirschen. Bruxismus überwinden
Lektorat: Ulrike Schöber
184 Seiten
2020 humboldt
ISBN: 978–3‑8426–2965‑3
19,99 Euro