1. Was für eine Stadt ist Mailand?
Groß und mit internationalen Bewohnern und noch mehr Touristen. Man merkt Mailand seine industrielle Vergangenheit mehr an als alle Jahrhunderte davor. Ausnahmen sind der beeindruckende Dom, das Castello Sforzesco und die Handvoll kleiner Basiliken. Es gibt durchaus schöne Ecken und für Modeliebhaber ist Mailand nach wie vor ein Ziel von Weltrang – was mich recht wenig interessierte. Meine Eindrücke waren: außer Kaffeeprodukten und dem öffentlichen Nahverkehr ist eigentlich alles teuer. Neben unauffälligen, oftmals nicht renovierten Palazzi stehen hässliche Wohnblöcke aus den 70er und 80er Jahren. In einigen Vierteln wohnt man in alten Palästen mit aufwändig begrünten Innenhöfen, um die Ecke die Niederlassungen von Gucci, D&G, Armani & Co. Trotzdem, um eine Kollegin zu zitieren: „Everywhere fucking concrete“ (Überall der beschissene Beton). Und tatsächlich: es gibt keine großzügigen Alleen wie bspw. in Turin, keine Vorgärten, nirgendwo Bäume. Um Grün zu sehen, muss man schon zu einem der öffentlichen Parks latschen. Mailand nimmt gefühlsmäßig eine große Fläche ein und man muss auch lange mit Bus, Tram und Metro fahren, um von einem zum anderen Ende der Stadt zu kommen. Allerdings wirkte Mailand nie wirklich groß auf mich. Überall diese fünfstockigen Patrizierblöcke, keine weitläufigen Plätze, keine modernen Bürohäuser.
2. Wie lebt es sich in Mailand?
Ganz gut, glaube ich. Ich habe in einem der Vororte gelebt, da sind Staus auf dem Weg zur Arbeit und zurück vorprogrammiert. Das Nachtleben ist entsprechend der Größe Mailands vielfältig, aber immer: teuer. Es gibt viele Bars, Cafés und Restaurants, in denen man sich mit Freunden und Arbeitskollegen nach der Arbeit zu einem „aperetivo“ (d. h. einer happy hour mit Buffet) trifft. Mir gefällt die Stadt nicht, es gibt kaum gemütliche Ecken.
3. Was bekommst du von der Modestadt mit?
In der Innenstadt (Corso Vittorio Emanuele, Via Montenapoleone und Umgebung, aber auch des Nachts bei den Navili) trifft man vermehrt auf schick gekleidete Menschen. Man möchte meinen, für sie wäre jeder Tag ein Feiertag. Tatsächlich scheinen die MailänderInnen grundsätzlich mehr Wert auf ihr Äußeres zu legen. Was hier in Deutschland als ziemlich schick angesehen wird, geht dort als tägliches Berufsoutfit durch. Und die teuren Marken werden tatsächlich getragen – insbesondere fiel mir eine Überschwemmung der Stadt mit der aktuellen Damenhandtasche von Louis Vuitton (~200 €) auf … In der Kneipenstraße bei der Porta Genova trifft man auch schon mal auf eine Gruppe vermeintlicher Models.
4. Welche Sprachen hört man am meisten?
Italienisch! Aber auch, und zwar je nachdem, wo man gerade ist: Philippinisch (hätte ich nicht erkannt, es gibt aber viele Philippinos), Chinesisch in Chinatown, auf dem Domplatz Japanisch, arabische Sprachen im Norden der Stadt und in den Vorstädten. Deutsch, Französisch und andere europäische Sprachen habe ich außerhalb der Arbeit nicht gehört.
5. Wie ist das Italienisch, das in Mailand gesprochen wird?
Es gibt einen sehr eigenen Mailänder Dialekt, der nur noch in den Dörfern der Provinz Mailand gesprochen wird. Wie ich mich informiert habe, nennt sich dies Lombardisch und ist gar kein italienischer Dialekt, sondern eine eigene gesprochene Sprache, die mit dem Französischen enger verwandt ist als mit dem Italienischen. Ich selbst habe Lombardisch aber außer von einer CD einer lokalen Band nie selbst gehört und mich ansonsten nur mit Italienern unterhalten, die das Standarditalienisch sprachen.