Es ist nicht gerade leicht, über einen Krimi zu schreiben, ohne zu viel von der Geschichte, der Spur zum Mörder zu verraten. Ich versuchs trotzdem mal wieder. Und fange bei Petra Busch an. Sie ist Texterin und seit 2010 auch Autorin, in jenem Jahr erschien ihr erstes Buch, „Schweig still, mein Kind“ – ein erfolgreiches Debüt, für das Petra Busch den Friedrich-Glauser-Preis 2011 erhielt. Sie hat dann gleich weitergeschrieben, und ein Jahr später gab es den zweiten Fall für Hauptkommissar Moritz Ehrlinspiel: „Mein wirst du bleiben“.
Das Cover zeigt einen Schlüsselbund, ein aufschlussreiches Motiv, man mag mir das plumpe Wortspiel verzeihen. Im Buch kommen durchaus handfeste Schlüssel vor, aber vor allem werden dem Leser Schlüssel mit Gänsefüßchen – „Schlüssel“ – gereicht, die ihm Zutritt verschaffen zu den Köpfen der Figuren. Da wäre Moritz Ehrlinspiel, der schon im ersten Buch frisch und tatkräftig rüberkam und sich im zweiten etwas vielschichtiger zeigt, sehr schön zu lesen sein Tanz mit dem Vulkan, also mit der Frau, die er vielleicht liebt. Da Spannungen für Spannung sorgen, gibt es Krach mit dem Freund und Kollegen Freitag, Zoff mit einem faulen Sack von Kollegen, Reibereien mit dem arroganten Pathologen – und dazu einen zunächst zähen Fall, der Moritz Ehrlinspiel an die Nerven geht, weil die Ermittler einfach keinen Hinweis darauf finden, dass das erste Mordopfer überhaupt Feinde gehabt haben könnte. Kein Mord ohne Mörder, keine Lösung ohne Hinweise …
Wir schauen auch in die Köpfe einer dicken, unglücklichen Frau, die sich verfolgt fühlt, eines Pastors, der in Versuchung gerät, zweier Menschen, die nicht die sind, die sie zu sein scheinen. Unter anderem. Und ein bisschen Katzenseele gibt es auch, denn Ehrlinspiels Kater Bentley und Bugatti werden weiterhin exquisit bekocht und zeigen ihre Schrullen.
Die Beschreibungen der Polizeiarbeit und von Obduktionen zeugen von sorgfältiger Recherche, das liest sich wie miterlebt und ist es wohl zum Teil, auf jeden Fall hat die Autorin jedoch Experten zur Seite gehabt, die sie berieten, wofür sie ihnen im Anhang auch dankt. So findet Petra Busch zum Beispiel für eine Obduktion klare Worte, sie bleibt nicht vage und kann auf Gemeinplätze verzichten.
Atemlos ist die Geschichte nicht, es heißt auf dem Cover ganz richtig „Kriminalroman“. Die Handlung und die Figuren haben ordentlich Raum, und wenn man mittendrin ist und sich immer weiter voranliest, voranfrisst wie eine hungrige Raupe, bedauert man schon ein wenig, dass das Buch ja auch einmal enden wird, man sieht es deutlich, denn man hat ein Buch aus Papier in der Hand und kein E‑Book auf dem Reader.
Zu erwähnen wäre noch, dass im Zentrum des Falls ein Frauenpaar steht, Mutter und Tochter. Die eine hilfreich und hiflebedürftig zugleich, die andere tüchtig und aufopfernd. Im Haus, in dem die beiden Frauen sich eine Wohnung teilen, geschieht ein Mord, Auftritt Polizei und Moritz Ehrlinspiel. Über 400 Seiten webt die Autorin das Erzählnetz, bietet Handlung, liefert Indizien, führt aufs Glatteis. Und dies auch in ihrem zweiten Krimi sprachlich sowie handwerklich sehr gekonnt und fesselnd. Da verzeiht man dann gern eine leicht kitschige Szene, die wahrscheinlich sowieso ironisch gemeint war. Schätze ich. Also, Warten auf Band drei – der hoffentlich noch in diesem Jahr kommt?
Petra Busch
Mein wirst du bleiben
Knaur 2011
448 Seiten
9,99 Euro
ISBN: 978–3‑426–50792‑6