Cinderella 2011: „Makellos ab Mitternacht“ von Aygen-Sibel Çelik

Die Cinderella in die­sem Buch heißt Seçil, ist 15 3/4 und fin­det sich häss­lich. Sie hat Mitesser, ist dicker als ihre Mutter (die Größe 36 trägt) und hat Cellulitis (in dem Alter?!). Sie braucht kei­ne schö­nen Kleider, um ihren Traumprinzen – der André heißt und in ihre Schule geht – bezau­bern zu kön­nen, son­dern eine neue Haut. Und die bekommt sie dank eines mys­te­riö­sen Glitzergels aus einer Zeitschrift. So ein Blättchen, in denen Models den Leserinnen vor­füh­ren, was wah­re Schönheit ist: Oberschenkel so dick (oder dünn) wie die Unterschenkel, im Gesicht kei­ne Pore zu erken­nen, geschwei­ge denn Pickel oder Mitesser, sanf­tes, glän­zen­des Haar …

Seçil also schmiert sich das rosa Gel aus einer Cremeprobe ins Gesicht – und ihr wird schwarz vor Augen. Als sie wie­der auf­wacht, ist sie ver­wan­delt: Sie sieht aus wie ein Model. Zunächst bleibt sie für zwei Stunden so, spä­ter hält der Zauber län­ger an. Da könn­te man sich dann fra­gen: Und was sagen die Eltern dazu? Seçils Eltern sind prak­ti­scher­wei­se das gan­ze Buch über im Urlaub, drei Wochen ins­ge­samt. Sie kom­men gera­de recht­zei­tig zum dra­ma­ti­schen Ende zurück. Die ein­zi­ge Erwachsene, die immer mal bei Seçil vor­bei­schaut, ist ihre Patentante, die sich ein wenig selt­sam benimmt, aber das scheint bei ihr nor­mal zu sein. Cinderella aka Seçil macht sich nun auf, ihren Prinzen zu betö­ren. In einer Disko wird sie von einem Scout ange­spro­chen, der sie inner­halb weni­ger Tage zum Topmodel macht.

So viel zur Geschichte, mehr muss ja erst mal nicht ver­ra­ten wer­den. Über Seçil erfährt man nicht all­zu viel, kaum etwas zum Äußeren (außer dass sie sich zu dick fin­det. Aber was ist dick?), wenig zu ihren Hobbys. Zumindest wür­de ich ver­mu­ten, dass sie noch ande­re Hobbys außer besag­ten Blättchen, Schminken, GNTM und Essen haben soll­te? Ach ja, die Schwärmerei für André habe ich ver­ges­sen! Für eine fast 16-Jährige ist sie etwas kind­lich-kin­disch – das Buch ist aller­dings für Leserinnen ab 12, da passt das dann wohl wie­der. Ab und zu blitzt ein boden­stän­di­ge­res Mädchen durch, wenn sie eine geplatz­te Jeans näht, Postraffungsübungen macht oder denkt, dass es bes­ser ist gesund und dick zu sein als dürr mit Bulimie.

Die Sprache über­rascht manch­mal  – oder ver­wen­den Teenager heu­te tat­säch­lich Wörter wie „Schönheitszustand“ und „min­der“? Keine Ahnung. Dass „makel­los“ bei ihnen zum akti­ven Wortschatz gehört, wage ich zu bezwei­feln. Aber der Titel hat natür­lich was! Etwas irri­tie­rend ist auch, dass die Geschichte im Präsens geschrie­ben ist, in der Ich-Form. Vielleicht spricht das Teenager eher an als – Nicht-Teenager? Das Cover ist auf jeden Fall gelun­gen, mit Glitzer und Rosa – ein ech­tes Mädelsbuch! Insgesamt ein kurz­wei­li­ges Märchen, das im Heute spielt, natür­lich mit Happy End.

Makellos ab Mitternacht
Aygen-Sibel Çelik
ab 12 Jahren
160 Seiten
Verlag Carl Ueberreuter
9,95 Euro
ISBN: 978–3‑8000–5569‑2