Kripoalltag in Ingolstadt? „Donaugrab“ von Lisa Graf-Riemann

Stefan Meißner kann sich Namen und Gesichter nicht gut merken.

Das geht vie­len so. Doch Meißner ist Hauptkommissar bei der Ingolstädter Kripo, und da könn­te die­se Eigenschaft schon eine gewis­se Sprengkraft ent­wi­ckeln. Nicht in die­sem Band der Reihe, so viel sei hier schon mal ver­ra­ten. Zur Geschichte noch dies: Ein zwölf­jäh­ri­ger Junge ver­schwin­det in Ingolstadt, die Kripo nimmt schnell die Ermittlungen auf. Die Schule des Jungen, das Tilly-Gymasium, ist ein wich­ti­ger Ort in die­sem Krimi, aber eine Klinik, ein Gartenhaus, Kneipen und die Donau soll­ten auch erwähnt wer­den. Letztere schon allein des­halb, weil sie titel­ge­bend war. Wer sein Grab in der Donau fin­det, erzäh­le ich hier nicht; dafür aber, dass es im Buch zwei Tote gibt …

Ein auf­ge­reg­ter Krimi ist „Donaugrab“ nicht.

Kein Krimithriller, zum Glück, also kei­ne Dutzende Tote und gräß­lich ver­stüm­mel­te Mordopfer, son­dern eher das, was ich mir unter Kripoalltag in einer nicht ganz so gro­ßen Stadt vor­stel­len wür­de. Gelöst wird der Fall, doch min­des­tens eine Spur bleibt offen, viel­leicht wird sie ja in einem ande­ren Band wie­der auf­ge­grif­fen? Zumal das Buch auch mit einem Cliffhanger der Extraklasse endet – einem pri­va­ten, wohlgemerkt.

Stefan Meißner, der Kommissar, ist nicht der Jüngste und lebt von sei­ner Frau Carola getrennt, die schwan­ger ist, viel­leicht von ihm, das weiß (noch) kei­ner. Meißner hat mit einer jün­ge­ren Kollegin ange­ban­delt, Marlu Rosner, und schein­bar gibt es noch ande­re hei­ße Eisen im Feuer … „Donaugrab“ ist der zwei­te Roman mit Stefan Meißner, im ers­ten ging es um „Eine schö­ne Leich“. Man muss das ers­te Buch nicht gele­sen haben, um im zwei­ten den Durchblick zu haben, aber es besteht die Gefahr, dass man dann neu­gie­rig wird und sich das ers­te noch nach­kau­fen muss. ;)

Das Coverbild mit dem Fluss (der Donau ver­mut­lich) passt.

Die Geschichte ist eher ruhig und bestän­dig im Fluss, als dass sie sich dra­ma­tisch und herz­klop­fend einem Höhepunkt nähern wür­de. Natürlich wird es auch mal hek­tisch, wie sich das für einen Krimi gehört, doch die Charaktere und Gespräche bekom­men viel Raum. Wer das Buch an einem grau­en Regentag liest, muss nicht fürch­ten, nach der Lektüre dop­pelt depri­miert zu sein: „Donaugrab“ ist nicht so dun­kel und schwer wie vie­le Schwedenkrimis es bei­spiels­wei­se sind. Das liegt unter ande­rem an Kommissar Meißner, der zwar bis­wei­len auch düs­te­re Gedanken wälzt, aber im Großen und Ganzen recht zufrie­den mit sei­nem Leben und sei­nem Beruf zu sein scheint. Und das ist in der Krimiszene ja nicht gera­de selbstverständlich.

Ein Buch also für Leute, die einen Krimi suchen, in dem es kei­nen Massenmörder oder Psychopathen gibt. Und beson­ders nett ist „Donaugrab“ sicher für Leser, die Ingolstadt ken­nen – ich konn­te mit den Gebäuden und Straßennamen lei­der nichts anfan­gen, ich war noch nie in der Stadt …

Lisa Graf-Riemann
Donaugrab
Oberbayern-Krimi
Emons Verlag
ISBN 978–3‑89705–820‑0
9,90 Euro