Markus Barth: „Soja-Steak an Vollmondwasser. Das Handbuch der überschätzten Lebensmittel“

Das Buch ist wie Popcorn, es mampft sich weg wie nichts. Popcorn kommt dar­in aller­dings nicht vor, dafür Reis- und Maiswaffeln. Keine Überraschung, dass die Waffeln ihr Fett abkrie­gen, mit weni­gen Worten nur, aber aus­nahms­wei­se gereimt. In vier Teilen watscht Markus Barth alle mög­li­chen „über­schätz­ten“ Lebensmittel ab, von Trendfood über schlech­te Einfälle von Lebensmittelindustrie und Mutter Natur bis Schickimicki-Food. Nicht aus der Sicht eines Ernährungs- oder sons­ti­gen Experten, son­dern aus der eines Gern- und Oft-Essers.

Das ist natür­lich ent­waff­nend, so könn­te er bei Chia-Samen, Drachenfrucht und Co. immer nur schrei­ben: schmeckt nicht! Aber „schmeckt nicht“ und „die­ser Hype ist Humbug“ lässt sich auf vie­ler­lei Art und Weise und sehr unter­halt­sam aus­drü­cken, mal kür­zer, mal län­ger. Und ein paar Fakten gibt es ab und an auch dazu, z. B. dass Himalaya-Salz nicht aus dem Himalaya stammt und wie die rosa Farbe zustan­de kommt, wor­aus vege­ta­ri­sche Wurst und Tempeh bestehen und war­um Surimi kein Lebensmittel ist.

Das Büchlein bie­tet eine Auswahl an neu­en und wie­der­ent­deck­ten Wunder-Lebensmitteln, die in letz­ter Zeit durch die Medien geis­ter­ten, eini­ge Klassiker haben eben­falls ihren Auftritt. Das ist zum Grinsen oder sogar zum Lachen, aber das Beste an Markus Barths Buch ist in mei­nen Augen, dass er ent­spannt bleibt. Kein Ereifern über das Thema Essen, kein Verteidigen einer Ernährungsweise bis aufs Blut, kein Verteufeln eines Lebensmittels. Wie ange­nehm! Er macht sich ein­fach lus­tig über die Auswüchse der Lebensmittel- und Werbeindustrie, das durch­aus scharf­zün­gig und hin und wie­der leicht anzüg­lich, aber den­noch nett, indem er die kri­ti­sier­ten Lebensmittel qua­si direkt anspricht: „Ach, Crema di Balsamico, man kommt ja gar nicht mehr an dir vor­bei …“ Ich wet­te übri­gens, dass alle, die das Buch lesen, sich bei min­des­tens einem Lebensmittel etwas ertappt füh­len … ging mir jeden­falls so. :)

Markus Barth: Soja-Steak an Vollmondwasser. Das Handbuch der über­schätz­ten Lebensmittel
128 Seiten
Lappan Verlag 2016
ISBN: 978–3‑830–33441‑5
9,99 Euro

„Verliebt, verlobt, verbockt. Meine türkisch-deutsche Traumhochzeit“ von Meltem Kaptan

Viel rosa Farbe, eine thea­tra­lisch-ver­zwei­fel­te Braut und als Titel „Verliebt, ver­lobt, ver­bockt“ – das Cover ist ja mal wirk­lich ein Hingucker und eine kla­re Ansage – hier wird’s komisch! –, dazu muss man gar nicht wis­sen, dass die Autorin, Meltem Kaptan, auch Schauspielerin und Comedienne ist. War mir vor­her nicht bekannt, ich fand ein­fach Cover und Klappentext span­nend und hab mich über­ra­schen lassen.

Los geht es mit einem Heiratsantrag im strö­men­den Regen in Prag, wei­ter mit einem Trauzeugen-Casting im Café über Brautkleidsuche, Abnehmterror und Familientreffen bis zum Finale, das theo­re­tisch die Traumhochzeit wäre, aber prak­tisch … nun ja. Das Paar, um das sich die Geschichte dreht, sind Leyla Güneş, Schauspielerin und Tochter tür­ki­scher Einwanderer, „gebo­ren in der Pumpernickelhochburg Gütersloh und auf­ge­wach­sen in der Mähdreschermetropole Harsewinkel-Marienfeld“, und Nils Bockheim, Rechtsanwalt, Fußballfan und „furcht­bar deutsch“, wie es im Klappentext heißt. Bei der Hochzeitsplanung läuft so eini­ges schief bzw. anders, als es sich die Braut vor­ge­stellt hat, denn sowohl ihre als auch Nils‘ Eltern mischen bei der Suche nach der Hochzeitsfeier-Location und der pas­sen­den Musik kräf­tig mit. Familie, Freunde und Co. stra­pa­zie­ren die Nerven des Brautpaars über­haupt ganz gewal­tig, kein Wunder, dass Leyla tags­über öfter am Rande des Wahnsinns steht und nachts von Albträumen geplagt wird.

Die Geschichte ist hem­mungs­los über­zeich­net und treibt das Thema tür­kisch-deut­sche Hochzeitsplanung auf die Spitze, dass es zum Lachen ist, aber es schwingt doch auch ein Quäntchen ech­te Verzweiflung (und ein paar ande­re Gefühle) mit. Wird das Paar es trotz allem bis zur Hochzeit schaf­fen oder las­sen sie es sich ver­bo­cken – vom „Schwiegermonster“, der Frutarier-Esoterik-Schwägerin oder dem tau­ben tür­ki­schen Onkel? Die rund 140 Seiten sind vol­ler komi­scher Situationen, Personen und Gespräche, aber nicht so, dass es einem auf den Geist gehen wür­de. Als Extra gibt’s noch Fußnoten, in denen vor allem tür­ki­sche Wörter und Wendungen über­setzt und kom­men­tiert wer­den, wer Fußnoten an sich nicht lei­den kann, soll­te die­se den­noch lesen, sonst ver­passt er was. Güle güle! (-> Fußnote Nummer 42, Seite 81)

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Meltem Kaptan: Verliebt, ver­lobt, ver­bockt. Meine tür­kisch-deut­sche Traumhochzeit
Lektorat: Nici Heinrichs
144 Seiten
Lappan Verlag 2016
ISBN: 978–3‑830–33440‑8
12,99 Euro