„Bretonisch mit Aussicht“ von Gabriela Kasperski

Vermutlich gibt es nicht all­zu vie­le Krimis, in denen eine Buchhändlerin ermit­telt, die­se Idee hat Gabriela Kasperski umge­setzt und lässt nun auf „Bretonisch mit Meerblick“ den zwei­ten Fall für Tereza Berger fol­gen: „Bretonisch mit Aussicht“. Wobei „ermit­teln“ und „Fall für“ es nicht so ganz trifft, denn die Schweizer Buchhändlerin fin­det es zwar span­nend, dem ech­ten Vor-Ort-Kommissar Gabriel Mahon qua­si Konkurrenz zu machen, aber dass sie weder sei­ne Mittel noch sei­ne Expertise hat, ist ihr selbst klar. Was sie jedoch nicht davon abhält, auf eige­ne Faust Antworten zu suchen, als sie am Strand einen berühm­ten Toten ent­deckt und kurz dar­auf eine befreun­de­te, etwas geheim­nis­vol­le Nonne verschwindet.

Tereza Berger aus Zürich lebt mitt­ler­wei­le über ein Jahr in der Bretagne, auf der Halbinsel Crozon. Ursprünglich woll­te sie ein geerb­tes Haus schnell ver­kau­fen, statt­des­sen ist sie ein­ge­zo­gen, hat das Haus reno­viert und dar­in einen deutsch-eng­li­schen Buchladen eröff­net. Land und Leute las­sen sie nicht los – sie ver­tieft in Begleitung der Leserin, des Lesers Bekanntschaften und Freundschaften, lernt die Umgebung und ihre Geschichte und Geschichten bes­ser ken­nen, dies­mal ist ein klei­ner Einblick in die nicht all­zu fer­ne Vergangenheit rund um den Zweiten Weltkrieg inklusive.

Tereza – in den Vierzigern, lan­ge geschie­den und Single, mit zwei erwach­se­nen Kindern – weiß nicht so rich­tig, ob sie besag­ten Kommissar Mahon span­nend oder blöd fin­det. Kann man durch­aus nach­voll­zie­hen, denn der Kommissar ist rup­pig und ziem­lich maul­faul, viel­leicht kommt ja noch was Besseres? Terezas erwach­se­ner Sohn ist auch im Lande und hat in Liebesdingen offen­sicht­lich mehr Glück als sie. Allerdings ist Tereza der­ma­ßen beschäf­tigt mit dem Teilzeit-Ermitteln, dem Buchladen und tau­send ande­ren Dingen, dass sie eine Liebelei nicht wirk­lich zu ver­mis­sen scheint. Sie kommt gut allei­ne klar, hat kein Problem damit, Hilfe von and­ren anzu­neh­men, und ist sowie­so eher der bur­schi­kos-iro­ni­sche als der schwär­me­ri­sche Typ, was sich in einem sehr ange­neh­men Erzähl- und gera­de Gesprächsstil nie­der­schlägt. Hier sind also kei­ne ver­klär­ten, aus­schwei­fen­den Lobgesänge auf das lecke­re fran­zö­si­sche Essen und die schö­ne Landschaft zu befürch­ten. Das wird alles auch erwähnt und geschätzt, aber nicht übertrieben.

Terezas Rastlosigkeit zieht sich durch das Buch, es erschien mir etwas atem­los. Ist aber span­nend und kurz­wei­lig zu lesen und hält wei­ter­hin Frauen-Solidarität hoch, was ich abso­lut löb­lich fin­de. Der kri­mi­nel­le Part ist gut durch­dacht und etwas über­ra­schend gelöst, da blei­ben kei­ne Fragen offen. Andere dafür schon, womit klar ist, dass Tereza Berger wei­ter­macht und im nächs­ten Jahr wohl mit Band 3 zu rech­nen ist.

Gabriela Kasperski: Bretonisch mit Aussicht. Kriminalroman
Lektorat: Susann Säuberlich
288 Seiten
2021 Emons Verlag
ISBN 978–3‑7408–1158‑7
13 Euro

„Bretonisch mit Meerblick“ von Gabriela Kasperski

Der Klappentext ver­spricht einen „Wohlfühlkrimi“, genau das woll­te ich gera­de und hab es auch bekom­men, ich hab das Buch in einem Rutsch gele­sen und fands scha­de, als ich fer­tig war. Es spielt in der Bretagne und da rech­net man ja fast auto­ma­tisch mit einem die­ser Kommissare, die Probleme mit den Kollegen, den Frauen, dem Essen oder allem zusam­men haben. In „Bretonisch mit Meerblick“ hat eine Frau die Hauptrolle, die kei­ne Kommissarin ist und auch sonst nichts mit der Polizei zu tun hat. Tereza Berger, Buchhändlerin, ist Mitte vier­zig, geschie­den, hat zwei erwach­se­ne Kinder und braucht Geld, sie erbt ein Haus in der Bretagne und fährt selbst hin, um es zu ver­kau­fen. Das klappt aller­dings nicht so ganz, denn das geerb­te Haus ist nicht gera­de in einem Topzustand und die Landschaft ist über­wäl­ti­gend: die Küste! Das Meer! Auch die Leute auf der Halbinsel Crozon sind ein­neh­mend, Einheimische wie Zugereiste, was einen schnel­len Abschied deut­lich erschwert.

Natürlich hat Tereza Berger nicht nur ange­neh­me Begegnungen, und irgend­wer scheint sie unbe­dingt aus dem Dorf weg­ha­ben zu wol­len. Als eine Bekanntschaft auf ein­mal tot ist und ihr ein Kommissar auf die Pelle rückt, ver­sucht sie selbst, aus den Menschen und Ereignissen schlau zu wer­den und den Mörder oder die Mörderin zu finden.

Das Grundgerüst bei Krimis ist nun mal ziem­lich gleich, es gibt min­des­tens eine Leiche und es wird ermit­telt. An Gabriela Kasperskis Krimi gefällt mir die leich­te, läs­si­ge Art. Die Geschichte ist wie die Hauptfigur: nicht gar zu ziel­stre­big, dafür sym­pa­thisch, nicht auf­dring­lich, son­dern tole­rant, neu­gie­rig, inter­es­siert, offen. Am Anfang hät­te ich Tereza Berger deut­lich älter als in den Vierzigern geschätzt, ob das so gewollt ist oder nicht, sei dahin­ge­stellt. Der erwähn­te, ermit­teln­de Kommissar ist lei­der ein eher ste­reo­ty­per von wegen ein­sa­mer, geheim­nis­vol­ler Wolf mit ver­mut­lich zar­ter Seele, aber dar­über lässt sich hin­weg­se­hen, weil es zahl­rei­che ande­re Nebenfiguren gibt, die gut ent­wor­fen und in die Story ein­ge­webt sind. Die und das Drumherum haben mir eigent­lich am meis­ten Spaß gemacht, zusam­men mit Tereza Bergers neu­er und alter Geschichte, die sich Stück für Stück offen­bart und noch Stoff für Folgebände bie­tet, die offen­sicht­lich geplant sind. Gut so, denn die wür­de ich ger­ne lesen.

Gabriela Kasperski: Bretonisch mit Meerblick. Kriminalroman
Lektorat: Susann Säuberlich
256 Seiten
2020 Emons Verlag
ISBN 978–3‑7408–0796‑2
12 Euro