Fünf Fragen an eine PR-Frau mit Kind

1. Du bist für die Standortkommunikation eines Energiekonzerns ver­ant­wort­lich. Ist das Dein Traumjob und war­um (nicht)?
Nun, es ist der Beruf, den ich mir schon vie­le Jahre lang vor­ge­stellt habe. Wenn ich mich wäh­rend des Studiums gefragt habe, wo ich in 10 Jahren sein möch­te, dann hat­te ich genau die­sen Beruf von heu­te mit den Aufgaben, die ich gera­de tue, vor mei­nen Augen. Gleichzeitig heißt das nicht, dass es nicht noch ande­re Traum-Aufgabengebiete gäbe. Ich glau­be, Träume wer­den ein­fach nur rea­lis­ti­scher mit der Zeit.

2. Wie wür­dest Du Deine Aufgaben umschreiben?
Ich erzäh­le Geschichten, die auf den kla­ren, ein­deu­ti­gen Fakten des Ingenieurs basie­ren. Meine Kollegen berech­nen die ver­schie­dens­ten Dinge, den Weg des Dampfes und sei­ne Aufprallwinkel zum Beispiel. Ich mache dar­aus eine Geschichte, die dann für Leute ver­ständ­lich ist, die von die­sen Berechnungen kei­ne Ahnung haben. Die ande­re gro­ße Aufgabe ist, in ver­schie­de­nen Sprachen mit sehr ver­schie­de­nen Menschen zu reden. Da sind die Führungskräfte und das Management, die Kommunikationsstrategien für Themen ein­for­dern und zugleich gibt es die Mitarbeiter, die durch eine Standortzeitung ange­spro­chen wer­den sollen.

3. Wie lebt es sich als Frau in bzw. mit die­sem Job?
Frauen reden bes­ser. Das ist alt­be­kannt. Sie reden ver­bind­li­cher und diplo­ma­ti­scher. Sie hören dyna­mi­scher zu und kön­nen sprach­lich eher Kompromisse ein­ge­hen. Als Frau in einem män­ner­do­mi­nier­ten Unternehmensbereich zu arbei­ten, macht die täg­li­che Arbeit in gewis­ser Weise leich­ter. Denn Männer gehen mit Frauen anders um als mit Männern. Frausein öff­net in die­sem Moment vie­le Türen und es bleibt immer die Wahlfreiheit, auf Augenhöhe zu reden oder beim Gegenüber ein Frauenklischee zu erfül­len (Frauen haben kei­ne Ahnung von Technik). Manchmal ist es gera­de gut, die­se letz­te­re Rolle einzunehmen.

4. Wie bekommst Du Job und Kind unter einen Hut?
Unser Familienhut ist sehr groß und kann vie­les fas­sen. Die Frage müß­te hei­ßen: Wie bekommt ihr Beruf und Kind unter einen Hut. Schließlich gibt es einen Vater, der glück­li­cher­wei­se viel fami­li­en­freund­li­che­re und fle­xi­ble­re Arbeitszeiten hat als ich mit den star­ren Bürozeiten. Da unse­re Eltern lei­der so weit weg woh­nen, muss ein Kindermädchen oft genug ret­tend ein­grei­fen, wenn der Kindergarten mal wie­der viel zu zei­tig schließt.

5. Was sagt Dein Kind, wenn es gefragt wird, was Du von Beruf bist?
Mama geht ins Büro, sitzt am Computer und schreibt E‑Mails.

Fünf Fragen an eine Germanistin mit Doktortitel

1. Braucht man für Deinen Beruf ein Germanistikstudium?
Ja, auf jeden Fall. Eigentlich hat sich auch erst nach dem Studium genau her­aus­kris­tal­li­siert, was ich damit machen kann. Es war ein rei­nes Interessenstudium, selbst wenn ich ursprüng­lich beab­sich­tigt habe, Verlagslektorin zu wer­den. Da sind die Stellen aller­dings noch rarer gesät …

2. Hat Dir der Doktortitel bis­her etwas gebracht?
Ohne Doktortitel könn­te ich im Editionsbereich nicht arbei­ten; eben­so wenig könn­te ich Projekte selbst bean­tra­gen. Daher hat er mir auf jeden Fall etwas gebracht und ich wür­de die Promotion auch allen emp­feh­len, die beab­sich­ti­gen, in Archiv/Museum/Editionsbereich – also in Berufsfeldern prak­ti­scher Germanistik – tätig zu sein.

3. Was hältst du von Germanistik als Bachelor-/Masterstudiengang?
Gar nichts. Studium ist ursprüng­lich etwas ande­res als Schule. Nicht Wissensansammlung ist das wich­tigs­te, son­dern eige­ne Stärken und Schwächen zu erken­nen, Interessen zu ent­de­cken, sich zu posi­tio­nie­ren, Eigeninitiative ergrei­fen, sich selbst zu orga­ni­sie­ren – alles das also zu ler­nen, was man letzt­lich unter Selbstverantwortung ver­steht. Und beson­ders im geis­tes- und kul­tur­wis­sen­schaft­li­chen Bereich sind die­se fes­ten Stundenpläne mei­nes Erachtens schäd­lich. Die Studenten jagen Scheinen hin­ter­her, sie bele­gen kei­ne Zusatzveranstaltung, sie wäh­len Veranstaltungen nach Zeiten aus, nicht nach Interessen. Das ist nicht der Sinn eines geis­tes­wis­sen­schaft­li­chen Studiums.

4. Kannst Du Bücher noch ein­fach genießen?
Ja, auf jeden Fall. Ich lese auch ger­ne Krimis und Kinderbücher … Allerdings las­se ich Bücher mit schlechtem/langatmigen Stil sehr schnell lie­gen, was ich frü­her nie getan hätte.

5. Welche Autorin bzw. wel­cher Autor soll­te viel mehr gele­sen werden?
Du meinst, im Germanistikstudium an der Universität?
Da wür­den mir eini­ge ein­fal­len. Besonders Kinderbuchautoren, aber auch: Leo Perutz, Günter Kunert, Robert Walser

Falls Du nicht das Studium meinst: Perutz, Kunert und Walser wür­de ich wie­der nen­nen, ein­fach als Empfehlung, aber ich habe, ehr­lich gesagt, nicht den Überblick, was die Menschen lesen. Für Gedichte soll­te man sich mal wie­der mehr Zeit neh­men, den­ke ich …

*Spurensuche: Leipzig, Zürich, Jena, Münster, Paderborn, Düsseldorf

Fünf Fragen an Not quite like Beethoven

1. Warum bloggst Du?
Das ist wirk­lich bei jedem Eintrag ganz unter­schied­lich. Ich bin ertaubt, bei mir im Blog kreist alles ums Hören und Verstehen – rich­tig, anders oder auch mal ganz und gar nicht. Um Kommunikation und die Folgen geht’s also. Ich blog­ge dann mal, weil ich ger­ne sagen will, wie uner­war­tet sich Schwerhörigkeit aus­wirkt oder um ein biß­chen auf­zu­klä­ren, wie sie sich eigent­lich anhört. Neulich, weil bestimm­te Fragen immer wie­der auf­tau­chen, dann wie­der, weil mir was wie­der ein­ge­fal­len ist. Manchmal auch, weil ich mich auf­re­ge, was fra­ge – oder weil ich gern andern in ähn­li­cher Situation nütz­lich sein will.

2. Wie lan­ge hast Du das geplant und wie bist Du auf den Namen gekommen?
Letztes Jahr im Spätsommer hab ich zum ers­ten Mal dar­über nach­ge­dacht, ein Blog zu star­ten. Da bin ich nach Harvard gegan­gen und hat­te über­legt, was über Elitenwahnsinn oder Wahnsinnseliten zu schrei­ben. Ich hat­te dann aber so viel zu tun, dass ich das nicht wei­ter ver­folgt hab. Gleichzeitig hab ich immer schlech­ter gehört und damit ver­bun­den immer mehr Probleme bekom­men. Meine Freundin Berlinessa in New York hat mich dann ermun­tert, doch dar­über zu schrei­ben. „Das ist Dein Thema, da beißt die Maus ein­fach mal kei­nen Faden ab“, sag­te sie. Mir war nicht wohl dabei, weil ich eigent­lich lie­ber weg­se­hen woll­te – schließ­lich habe ich es aber doch ein­fach gemacht. Und seit­her schaue ich, wie sich das so ent­wi­ckelt. Beethoven fand ich per­sön­lich span­nend, weil ich das Heiligenstädter Testament gele­sen hat­te und in sei­nen Erfahrungen und sei­ner Verzweiflung so erschre­ckend viel von ihm in mir wie­der­erkannt hab. Weil die Mission aber nicht „Verzweiflung“ son­dern „gut Leben“ sein soll­te, bin ich nun nicht ganz wie Beethoven.

3. Spielt Beethoven musi­ka­lisch eine Rolle für Dich?
Ich habe bis ich 16 war klas­si­sche Musik am Klavier gespielt, „Für Elise“ war eins mei­ner Lieblingsstücke. Nicht das in allen Warteschleifen hoff­nungs­los ver­bra­te­ne Hauptmotiv, son­dern die zwei Mittelteile. Ansonsten moch­te ich damals eigent­lich lie­ber Mozart und Liszt. Erst spä­ter, als ich schon nicht mehr selbst gespielt hab, hab ich Beethoven wie­der für mich ent­deckt. Vielleicht hab ich mit weni­ger Hören bes­se­ren Zugang, wer weiß? Inzwischen ist mir klas­si­sche Musik aber lei­der meist zu kom­pli­ziert. Ich höre nicht dif­fe­ren­ziert genug.

4. Wie wich­tig ist das Bloggen für Dich, wie viel Zeit ver­bringst du damit?
Ist mir ziem­lich wich­tig gewor­den. Ich wür­de ger­ne mehr Zeit rein­ste­cken, also mehr recher­chie­ren und mehr schrei­ben. Aber ich mach schon mehr als ich soll­te, denn eigent­lich muss ich gera­de drin­gend eine Dissertation fer­tig­stel­len. Meist so etwa eine Stunde pro Tag. Wer weiß, viel­leicht kann ich das ja irgend­wann mal mit einem Job verbinden.

5. Hat sich durch das Bloggen für Dich etwas ver­än­dert? Wenn ja, was?
Zwei Dinge: Ich habe gemerkt, was für eine unglaub­lich span­nen­de Welt die der Blogs ist – und schon eini­ge inter­es­san­te Menschen ken­nen­ge­lernt. Ohne Kommentare wäre das alles nix. Und ich habe sehr sehr viel über mich selbst und mei­ne Schwerhörigkeit gelernt – das Schreiben hilft mir, damit umzu­ge­hen. Manchmal hab ich das Gefühl: Ich erobe­re mir von der Behinderung mei­ne Persönlichkeit zurück.

*Hier ist noch der Link zu Not quite like Beethoven.