Vorgeschichte: Durch meinen Buchhändler (live und in Farbe, nicht virtuell) wurde ich auf „Das Leben ist zu kurz für Knäckebrot“ aufmerksam. Der Titel gefiel mir. Die Kurzbeschreibung auch. Und so war ich neugierig: Ist das tatsächlich kein Diätschinken? Soll hier wirklich niemand – so von hinten – überzeugt werden, dass dick doch doof ist?
Ausgangslage: Alles, was mit Diät zu tun hat, interessiert mich nicht; ich schlage Bücher und Zeitschriften, die radikales Abnehmen innerhalb weniger Wochen oder gar Tage versprechen, gar nicht erst auf. Natürlich kommt frau nicht komplett an diesem Thema vorbei, das lauert ja an allen Ecken und Enden, sogar in meinem Mondkalender – da steht, wann es günstig ist, eine Diät zu beginnen. (Unglaublich …)
Das Buch: Es knuspert sich weg wie Knäckebrot – ist sehr kurzweilig geschrieben, so im Plauderton, von Frau zu Frau, 240 Seiten, keine Winzlingschrift, mit Luft für den Text und Hühnercartoons. Ich sage nicht, dass es eine Offenbarung ist, aber es tut gut! Denn hier wird wirklich keine Diät, keine bestimmte Lebensweise verkauft oder als die beste dargestellt. Sabine Asgodom fragt nach den Ursachen fürs Dicksein und macht einige Vorschläge, wie frau am besten oder besser damit leben kann, nicht dürr, dünn oder schlank zu sein.
Das Buch macht ganz nebenbei Appetit auf mehr Lesestoff von Asgodom. „Das Leben ist zu kurz für Knäckebrot“ war das erste, das ich von ihr gelesen habe. Aber sie hat ja noch einiges geschrieben und erwähnt die Titel, wenn es gerade passt. Wie’s aussieht, hat Asgodom für alle Lebenslagen ein Buch …
Das Buch ist persönlich gehalten, Asgodom erzählt von ihrer „Diätkarriere“ – wie sie zu ihren Pfunden kam und sie auch oder gerade wegen etlicher Diäten nie wieder loswurde. Das Buch ist kein Lob des Dick- oder Fettseins, aber erst recht nicht des Dürrseins. Die große Botschaft lautet, dass frau das Leben genießen und sich entpuppen sollte, und der Schmetterling ist dabei keine Schablone, an die man sich anpassen müsste.
Schön fand ich auch sofort das Cover mit diesen beiden Frauen, die so aussehen, als könnten sie eine Menge Spaß haben. Kein schuldbewusster Blick (ich dumme Dicke), sondern offen und direkt, leuchtende Farben! Kein Maßband, keine gesunden Nahrungsmittel in grellen Farben, kein Licht am Horizont, welches das Auftauchen aus dem düsteren dicken Leben symbolisieren soll – wie angenehm!
Aber ein bisschen muss ich auch meckern. So nervten mich die Verweise etwas, die besonders gehäuft in den ersten Kapiteln auftraten, dieses „das kommt später“, „darauf gehe ich noch ein“. So viele lose Enden, und wer hat schon die Nerven, alle im Auge zu behalten? Als Coach hat Asgodom natürlich eine spezielle Herangehensweise an Probleme und das Lösen derselben, also fehlen in dem Buch weder die Tabellen noch die Aufzählungen. Ob die fünf „T“ des Dickwerdens, die fünf „L“ (L wie Lösungen), die Übersicht „warum jemand gern dick ist“, 9 Thesen zur „Würde der Dicken“ usw. – es wirkt auf jeden Fall aufgeräumter, wenn man die Fragen und Antworten so präsentiert. Allerdings hat man dann auch schnell mal das Gefühl, man müsse den Füller zücken und Notizen machen (wenn die Schule noch in den Knochen steckt).
Ein wenig polemisch geht es auch zu, aber das ist okay und erfrischend. Von der „Diktatur des Dünnseins“ ist die Rede, und Pharmafirmen und die Diätindustrie kriegen auch ihr Fett ab. Immer spürbar ist die Empathie für die Frauen, mit denen Asgodom zu tun hatte und die ihr ihre Geschichten erzählt haben, einige haben Eingang gefunden in das Buch. Über die Seiten verteilt Zitate von Frauen und Männern, die ermutigen – habe ich schon gesagt, dass das Buch chicken soup für die Seele ist?
Wann ist man zu dick, welche Rolle spielt die Kindheit, spielen die Gene, wie wird man dick, wie wird man dünn, warum ist Diäten asozial usw. – Antworten gibt es im Buch, das ich dringend zur Lektüre empfehle. Ich hab mich amüsiert, und ich habe was gelernt. Was will ich mehr?
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Sabine Asgodom: Das Leben ist zu kurz für Knäckebrot
2010 Kösel Verlag
250 Seiten
16,99 Euro
ISBN: 978–3‑466–30896‑5