„Ein Lied für Ella Grey“ von David Almond

Erzählerin des Buches ist Claire, seit frü­hes­ter Kindheit die bes­te Freundin von Ella Grey, bei­de sieb­zehn. Claire liebt Ella, Ella liebt Claire, bis sie Orpheus trifft, den sie mehr oder anders liebt. Richtig, Orpheus wie Orpheus und Eurydike, und an die­ser Sage ori­en­tiert sich Autor David Almond auch stark. Wer die alte Story kennt, kann sich den­ken, wel­che Rolle Schlangen im Ella-Grey-Buch spie­len. Dass sie wich­tig sind, sieht man schon beim ers­ten Blick, auf dem Cover ist eine Schlange, auf dem far­bi­gen Buchschnitt ebenfalls.

Viel Zeit ver­bringt die Leserin, der Leser mit Claires und Ellas Clique, die Jugendlichen hän­gen zusam­men ab, trin­ken Alkohol, machen Musik, tan­zen. Bei einem gemein­sa­men wil­den Urlaub am Strand tref­fen sie Orpheus, der in ihrem Alter und nicht greif­bar ist, woher kommt er, was macht er, wohin geht er – er sagt es nicht, man weiß es nicht. Er hat eine Lyra dabei, wenn er spielt, ver­zau­bert er die Menschen um sich her­um, eben­so Tiere, das Meer, den Sand, die Steine … Orpheus und Ella lie­ben sich von jetzt auf sofort, „hei­ra­ten“ am Strand und dann wird es schnell tragisch.

„Ein Lied für Ella Grey“ spielt Orpheus natür­lich, bei ver­schie­de­nen Gelegenheiten. Aber die gan­ze Geschichte ist gleich­falls ein Lied für Ella Grey, gesun­gen bzw. erzählt von Claire. Das liest sich poe­tisch, fra­gend, ver­wirrt, melan­cho­lisch, so wie ein Autor um die sech­zig eine Jugend und eine Liebe sehen mag, wenn er ein „Jetzt“ mit einem Stoff aus der grie­chi­schen Mythologie ver­we­ben will. Das Buch ist im Original auf Englisch schon 2014 her­aus­ge­kom­men, 2024 nun also auf Deutsch. Die zehn Jahre sind kein Problem, weil die Dinge, die Jugendliche so machen, sich ver­mut­lich nicht grund­le­gend ver­än­dern und die Orpheus-Eurydike/Ella-Geschichte sowie­so aus der Zeit gefal­len ist.

Eine Neuauflage des Orpheus-Eurydike-Dramas hät­te für mich ruhig frei­er und eman­zi­pier­ter sein kön­nen. Das Buch mag den­noch etwas sein für Menschen, die sich für den Stoff inter­es­sie­ren und ein Faible für schö­ne, gefühls­be­ton­te, womög­lich viel­sa­gen­de Worte haben.

David Almond: Ein Lied für Ella Grey
Aus dem Englischen von Alexandra Ernst
Umschlag-/Innenillustration: Franziska Viviane Zobel
218 Seiten
ab 14 Jahren
2024 Verlag Freies Geistesleben
ISBN 978–3‑7725–3133‑0
20 Euro