Wenn ich alle Bücher, die ich lesen möchte, kaufen würde, bräuchte ich mehrere Zimmer voller Bücherregale. Aus diesem Grund schaue ich seit mittlerweile Jahrzehnten (!) regelmäßig in der Bibliothek vorbei – auch deswegen, weil eine gute Bibliothek eine Fundgrube ist, die neben Bestsellern Bücher bietet, die nicht so im Rampenlicht stehen.
„Geisterritter“ von Cornelia Funke ist natürlich ein Buch mit den besten Startbedingungen: die Autorin, der Verlag (Cecilie Dressler Verlag), das Thema. Neulich bekam ich es in der Bibliothek endlich in die Hände und las es in einem Rutsch durch. Es ist ab 10 Jahren und erinnert mich von der Erzählweise, von der Stimmung her ein wenig an „Reckless“. Etwas Traumhaftes, leicht Melancholisches. Im „Geisterritter“ ist das zwar nicht so vordergründig, wird aber durch die Bilder verstärkt.
Mit dem Maler und Buchillustrator Friedrich Hechelmann hat Cornelia Funke zum ersten Mal zusammengearbeitet. Seine Bilder sind ungewohnt für Funke-Leser. Sie haben Tiefe, man kann sie sich riesengroß vorstellen, die Natur und die Menschen sind mit Liebe zum Detail dargestellt, das Gras, die Blätter an den Bäumen, die wuchernde Blütenhecke. Die Menschen stehen irgendwie auf der Kippe zwischen „realistisch“ und surrealistisch (eins fand ich wirklich gruslig bis abstoßend), und die Geisterszenen sind leicht verschwommen, als wabere Nebel durch das Bild, so ein diffuses Strahlen von irgendwoher, ein blaugrünes Licht. Das sind keine niedlichen Geister, keine Karikaturen – und diese Darstellung beeinflusst auch die Art und Weise, wie der Text auf den Leser wirkt.
Jon Whitcroft, die Hauptfigur, kommt in ein Internat in Salisbury und sieht Geister – die ihm Böses wollen. Das Mädchen Ella rät Jon, den Geisterritter William Longspee um Hilfe zu bitten. Und so geht es in dem Buch um einen ritterlichen Kampf zwischen Gut und Böse, um Freundschaft und Liebe. Aber auch um die Konkurrenz zwischen Jon und dem neuen Freund seiner Mutter, einem Zahnarzt, den er „Vollbart“ nennt. Die Geschichte ist wunderbar erzählt und fesselnd, ein schönes Buch.
Auf Cornelia Funkes Website gibt es einen sehr ausführlichen und spannenden Bericht über die Entstehung der Bilder: „Zu Besuch beim Geisterritter-Illustrator Friedrich Hechelmann“