Der Klappentext verspricht einen „Wohlfühlkrimi“, genau das wollte ich gerade und hab es auch bekommen, ich hab das Buch in einem Rutsch gelesen und fands schade, als ich fertig war. Es spielt in der Bretagne und da rechnet man ja fast automatisch mit einem dieser Kommissare, die Probleme mit den Kollegen, den Frauen, dem Essen oder allem zusammen haben. In „Bretonisch mit Meerblick“ hat eine Frau die Hauptrolle, die keine Kommissarin ist und auch sonst nichts mit der Polizei zu tun hat. Tereza Berger, Buchhändlerin, ist Mitte vierzig, geschieden, hat zwei erwachsene Kinder und braucht Geld, sie erbt ein Haus in der Bretagne und fährt selbst hin, um es zu verkaufen. Das klappt allerdings nicht so ganz, denn das geerbte Haus ist nicht gerade in einem Topzustand und die Landschaft ist überwältigend: die Küste! Das Meer! Auch die Leute auf der Halbinsel Crozon sind einnehmend, Einheimische wie Zugereiste, was einen schnellen Abschied deutlich erschwert.
Natürlich hat Tereza Berger nicht nur angenehme Begegnungen, und irgendwer scheint sie unbedingt aus dem Dorf weghaben zu wollen. Als eine Bekanntschaft auf einmal tot ist und ihr ein Kommissar auf die Pelle rückt, versucht sie selbst, aus den Menschen und Ereignissen schlau zu werden und den Mörder oder die Mörderin zu finden.
Das Grundgerüst bei Krimis ist nun mal ziemlich gleich, es gibt mindestens eine Leiche und es wird ermittelt. An Gabriela Kasperskis Krimi gefällt mir die leichte, lässige Art. Die Geschichte ist wie die Hauptfigur: nicht gar zu zielstrebig, dafür sympathisch, nicht aufdringlich, sondern tolerant, neugierig, interessiert, offen. Am Anfang hätte ich Tereza Berger deutlich älter als in den Vierzigern geschätzt, ob das so gewollt ist oder nicht, sei dahingestellt. Der erwähnte, ermittelnde Kommissar ist leider ein eher stereotyper von wegen einsamer, geheimnisvoller Wolf mit vermutlich zarter Seele, aber darüber lässt sich hinwegsehen, weil es zahlreiche andere Nebenfiguren gibt, die gut entworfen und in die Story eingewebt sind. Die und das Drumherum haben mir eigentlich am meisten Spaß gemacht, zusammen mit Tereza Bergers neuer und alter Geschichte, die sich Stück für Stück offenbart und noch Stoff für Folgebände bietet, die offensichtlich geplant sind. Gut so, denn die würde ich gerne lesen.
Gabriela Kasperski: Bretonisch mit Meerblick. Kriminalroman
Lektorat: Susann Säuberlich
256 Seiten
2020 Emons Verlag
ISBN 978–3‑7408–0796‑2
12 Euro