Bitte melden! „Miekes genialer Anti-Schüchternheitsplan“ von Birgit Ebbert

Bücher über Schule sind eine Sache für sich, es reicht doch, wenn man stän­dig hin­ge­hen muss oder muss­te, könn­te man den­ken. Wie gut, wenn sich dann ein Buch zum Thema „zu schüch­tern, um sich in der Schule zu mel­den“ als rich­tig net­te Unterhaltung mit Ratgebereffekt entpuppt!

Mieke ist elf Jahre und weder auf den Kopf noch auf den Mund gefal­len. Einige Schulfächer mag sie lie­ber, in ande­ren ist sie nicht ganz so gut, Probleme hat sie jeden­falls nicht, bis auf eins: Sie traut sich nicht, sich im Unterricht zu mel­den. Das mag dem einen oder andern bekannt vor­kom­men. Wenn ich so an mei­ne Schulzeit zurück­den­ke, habe ich auch nie zu denen gehört, die dau­ernd was zu sagen hat­ten bzw. sagen woll­ten. Na, Kinder sind auch nur Menschen, und ob man sich so neben­bei mel­det oder des­we­gen jedes­mal ein Fass auf­macht, hängt von x‑Dingen ab. Bei Mieke in Birgit Ebberts Buch ist die Sache ganz ein­fach, Mieke mel­det sich nie. Es ist also auf­fäl­lig, und eines Tages stellt ihr Klassenlehrer, Herr Meyer-Piepenkötter, genannt „Förster“ (wegen sei­ner grü­nen Weste), ihr ein Ultimatum: Mieke hat drei Monate Zeit, um end­lich aus dem Knick zu kom­men, was das Melden angeht. Wenn alles beim Alten bleibt, muss sie die Schule ver­las­sen – da in die­ser Schule die münd­li­che Mitarbeit sehr wich­tig ist.

Das kingt nicht gut, zumal Mieke genau in die­se Schule woll­te, mit Musik als Hauptfach, sogar eine Aufnahmeprüfung hat sie dafür absol­viert. Und natür­lich geht ihre bes­te Freundin Anna eben­falls in die­se Schule, in ihre Klasse. Es steht also eini­ges auf dem Spiel. Und da die­ses Buch Mut machen soll, steckt Mieke jetzt nicht den Kopf in den Sand und war­tet ab, son­dern: legt los. Von gleich auf sofort ändert sich nichts, es steigt auch kei­ne Fee vom Himmel und hilft mit einem Zauber. Mieke packt es selbst an, mit­hil­fe ihrer Oma, ihrer Freundin Anna, einer Journalistin, und Hilfe gibt es auch von uner­war­te­ter Seite. Schritt für Schritt, ganz stim­mig, kommt eins zum andern und Mieke baut sich einen Plan: „Miekes genia­len Anti-Schüchternheitsplan“ – mit Tipps gegen Meldeschüchternheit, die ihr hel­fen und auch den Lesern ab neun Jahren hel­fen kön­nen. Ganz prak­ti­sche und brauch­ba­re Tipps sind das, denn Birgit Ebbert ist nicht nur Autorin, son­dern in ers­ter Linie Pädagogin und „Lernbegleiterin“, sie unter­rich­tet Schüler unter ande­rem in Deutsch, Geschichte und Mathe. Ihr ver­dan­ke ich auch, dass ich jetzt weiß, was ein Marimbafon ist. Details wie die­ses – dass Mieke ein unge­wöhn­li­ches Musikinstrument, das Marimbafon, spielt –, ein rea­lis­ti­sches Umfeld und eine locke­re, authen­ti­sche Erzählweise (Mieke erzählt selbst) erge­ben unterm Strich ein Buch, das sich im Handumdrehen weg­liest. Und das, um es noch mal zu sagen, Mut macht und Tipps für Kinder parat hält, die sich in der Schule nicht (genug) melden.

Birgit Ebbert
Miekes genia­ler Anti-Schüchternheitsplan
ab 9 Jahren
Arena-Verlag
144 Seiten
ISBN 978–3‑401–50414‑8
5,99 Euro

Kleine, schlaue Kinder: „100 Dinge, die ein Vorschulkind können sollte“ von Birgit Ebbert

Schon ver­rückt, was Kinder alles so hin­be­kom­men, ohne dass sie viel dafür tun müss­ten. Sie wach­sen wie ver­rückt, von um die 50 cm auf 1 m inner­halb von vier Jahren; sie fan­gen mit Brabbeln an, pro­bie­ren sich an Wörtern und kön­nen bald gan­ze Sätze bil­den; sie wer­den genia­le Schauspieler, für die ein Eisverzicht eine Tragödie ist; sie neh­men ein­fach alles mit, was sie mitbekommen.

Und da hät­ten wir jetzt ein Buch von Birgit Ebbert, Diplompädagogin und Autorin, mit dem Titel „100 Dinge, die ein Vorschulkind kön­nen soll­te“. „Können soll­te“ ist ja ein schö­ner Ausdruck – es ist kein „Muss“, aber so ganz ohne Druck kommt das doch nicht daher. Bestimmt ist es ein Buchtitel, der Eltern ein­fängt. Um ihn etwas zu ent­schär­fen und die Dinge zurecht­zu­rü­cken, gibt die Autorin im Buch die­se Erklärung ab:

Wie ein­gangs bereits gesagt, sol­len die 100 Dinge auf kei­nen Fall eine Liste zum „Abhaken“ dar­stel­len, die Sie und Ihr Kind noch zusätz­lich unter Leistungsdruck setzt. Vielmehr will die­ses Buch Ihnen Mut machen, Ihr Kind zu för­dern. Dafür brau­chen Sie gar nicht viel: Schon wenn Sie Ihre Tochter oder Ihren Sohn im Alltag bei mög­lichst vie­len Dingen ein­be­zie­hen, för­dern Sie ganz neben­bei zahl­rei­che wich­ti­ge Fähigkeiten … (S. 129)

Es ist also alles gar nicht so schlimm, aber das fällt dem Neugierigen sowie­so auf, sobald er das Buch auf­ge­schla­gen und ein wenig dar­in her­um­ge­blät­tert hat. Warum? Ich grei­fe mal fünf von hun­dert Dingen, die ein Vorschulkind kön­nen soll­te, will­kür­lich heraus:

  1. Ein Bild beschreiben
  2. Die vier Jahreszeiten unterscheiden
  3. Eine Figur kneten
  4. Regeln ein­hal­ten
  5. Sich allei­ne beschäftigen

Das ist im grü­nen Bereich, oder?

Zum Buch: 144 Seiten, fünf Kapitel. Übersichtlich, hell und freund­lich gestal­tet, jedes Kapitel hat sei­ne Farbe. Im 1. Kapitel geht es all­ge­mein um die Entwicklung vom Kleinkind zum Vorschulkind, in den fol­gen­den vier Kapiteln sind die 100 Dinge auf­ge­lis­tet, the­ma­tisch  geord­net nach „Familie/Freunde“, „Körper“, „selbst­stän­dig wer­den“ und „in der Erwachsenenwelt zurecht­kom­men“. Es gibt vie­le Beispiele („die vier­jäh­ri­ge Lena …“, „der fünf­jäh­ri­ge Dennis …“) und ab und zu Kästen mit Informationen „Aus der Forschung“.

Ich spie­le jetzt Lostrommel und zie­he ein paar Tipps und Empfehlungen heraus:

  • Im Anhang ste­hen die Adressen von Nikolaus und Christkind. (Ich mer­ke gera­de, dass ich abso­lut noch nicht in Stimmung bin für so was. Weihnachten. Nee.)
  • Das muss ich bei nächs­ter Gelegenheit mal einer bestimm­ten Person zei­gen: Toben, wenn man ver­liert, ist nicht okay. Aber prot­zen, wenn man gewinnt, auch nicht. ;-)
  • Man soll­te sich von den Kindern ja hel­fen las­sen. Auch, wenns Arbeit macht … Aber wenn man sie um Hilfe bit­tet, was Birgit Ebbert emp­fiehlt – und sie kei­ne Lust haben? Nein sagen? Was dann? Dafür gibts lei­der kei­nen Tipp …
  • Erwachsenenbesteck schon ab 3 Jahren? Ehrlich? Ist schon noch biss­chen groß …

An dem Buch gefällt mir, dass es vie­le gute Anregungen gibt, Ideen zum Basteln, Spielen, auch zum Einbeziehen des Kindes in klei­ne­re Arbeiten im Haushalt. Was alles sinn­voll ist: Kerzen aus­pus­ten, Geschirr spü­len, Knöpfe sor­tie­ren, drei­ecki­ge Stifte benut­zen, Muster nach­zeich­nen …  Im Anhang sind die 100 Dinge (ich will immer 1000 tip­pen …) in einer Tabelle auf­ge­lis­tet und die jeweils zutref­fen­den „Entwicklungsziele“ mar­kiert (Riechen, Feinmotorik, Sprache usw.). Apropos Sprache: Manchmal setzt sich beim Lesen eines Buches ja ein Wort oder eine Wendung fest, man lau­ert mit der Zeit regel­recht dar­auf, ob es wie­der­kommt – hier ging es mir mit „je … umso“ so. Naturgemäß kommt das in einem Buch über die kind­li­che Entwicklung recht häu­fig vor. Je älter, umso schlau­er. Und jedes­mal bin ich drü­ber­ge­stol­pert, weil ich „je … des­to“ erwar­tet hätte…

Birgirt Ebbert: 100 Dinge, die ein Vorschulkind kön­nen sollte
Gräfe und Unzer
ISBN 978–3‑833–816819
August 2010
144 Seiten
14,99 Euro